Open Badges – eine (erste) Artikelsammlung
Für einen kommenden Workshop habe ich einige Quellen zum Thema „Open Badges“ zusammengetragen, gelesen und kurz kommentiert. Bitte gerne weiterleiten oder, noch besser, ergänzen! (aktualisiert April 2021)
Geisel, N. (2021): Digital Badges Turn 10. So What? Verses Education, 27. Februar
Seit zehn Jahren wird über Badges und ihren Nutzen diskutiert. Aber was wurde erreicht? Noah Geisel versteht die Frage, ist aber optimistisch. Anmerkungen zur Qualität von Badges (er verlinkt an dieser Stelle auf einen Badge, der für das richtige Binden einer Krawatte verliehen wird, s.u.) sieht er nüchtern. Fragwürdige Qualität gibt und gab es in der Bildung schon immer, auch ohne Badges.
„At both human and machine-readable levels, badges aim to communicate a deep, rich narrative about who people are as learners and achievers. That is their superpower.“
Belshaw, D. (2021): Getting Started with Digital Badges. Google Docs, 17. Februar
Hinter „Getting Started“ stecken die kompletten Workshop-Unterlagen (88 Slides), die Doug Belshaw vor einigen Tagen eingesetzt hat, um Digital Badges zu erklären und zu diskutieren. Von „Bluffer’s guide to open badges“ bis „Designing your first badge“. Mit vielen Analogien, Beispielen verschiedener Badge-Plattformen und einer abschließenden Link-Sammlung („library“). Sehr schön illustriert von Bryan Mathers!
Christine Burblies (TIB Hannover) gibt einen kurzen Überblick zum Thema. Auch für Bibliotheken, die ihre TeilnehmerInnen bei der Entwicklung von Informationskompetenz unterstützen, können Badges ein Thema sein. „Dabei bieten die Digital oder Open Badges, auch Microcredentials genannt, viele Möglichkeiten, zu motivieren oder verborgene Leistungen und Eigeninitiative sichtbar zu machen.“
Definition: „Digitale Badges, Open Badges oder auch Microcredentials sind digitale Zertifikate oder Lernabzeichen. Sie bieten eine Möglichkeit, bestimmte Fähigkeiten, Kenntnisse oder Erfahrungen zu dokumentieren – wie ein Seepferdchen-Schwimmabzeichen an der Badehose, nur eben digital.“
Ein schöner, einführender Artikel aus einer ganz anderen Ecke (Marketing). Der Autor konzentriert sich gleich auf Open Badges und nimmt einige grundlegende Fragen auf: „Open Badges – Was steckt genau dahinter?“, „Der Mehrwert für Bildungseinrichtungen“, „Der Nutzen für Lernende“, „Open Badges erstellen/ gestalten“. Nur beim Abschnitt über die Open Badge-Historie ist die Wirklichkeit bereits einen Schritt weiter …
Definition: „Es handelt sich dabei um digitale Abzeichen einer Leistung, die ein Lernender erbracht hat. Dieses Abzeichen bestätigt seinem Empfänger nachvollziehbar dessen Lernerfolge, erworbene Fertigkeiten sowie Kompetenzen und sonstige erlangte persönliche Qualifikationen. Grundgedanke dahinter ist, eine sichtbare Bestätigung von Erlerntem zu ermöglichen, denn herkömmliche Zertifikate und dergleichen landen nur allzu oft in irgendwelchen Ordnern und kommen nie wieder zum Vorschein. Genau diesem Problem sollen die Open Badges entgegenwirken.“
In diesem Interview unterstreicht Ilona Buchem (Beuth Hochschule Berlin) die mit Open Badges verbundene Chance, studentisches Engagement abseits der Curricula und Lehrpläne sichtbar zu machen. Weitere Stichpunkte nehmen auf den Abschlussbericht der HFD Arbeitsgruppe „Kompetenzen sichtbar machen mit Open Badges“ Bezug.
Hinweis: Ein kurzer Abschnitt des Gesprächs bezieht sich auf Kompetenzrahmenwerke (wie beim Spracherwerb) und ihr Zusammenspiel mit einer Badge-Infrastruktur.
Buchem: „… Ein weiterer Punkt ist, dass im Moment die Technologie auch noch nicht einwandfrei funktioniert, da gibt es verschiedene Schwierigkeiten, und das gilt es auch weiterzuentwickeln. Also ganz konkretes Beispiel: die Verweise auf Kompetenzrahmenwerke. Wir haben uns in verschiedenen Kontexten in den letzten Jahren sehr viel Mühe gegeben, Kompetenzrahmenwerke zu erstellen, Kompetenzen als Konstrukte, als Konzepte hierarchisch zu beschreiben.
Jahn: Das wären dann also Referenzrahmen wie zum Beispiel beim Spracherwerb, dass man da also Niveau A1, A2, B1, B2 … hat.
Buchem: Genau. Und diese Rahmenwerke sind noch nicht maschinenlesbar gestaltet, und die Konsequenz davon ist, dass wir, wenn wir Open Badges zum Beispiel vergeben, auf diese Rahmenwerke nicht einfach verweisen können. Dafür brauchen wir maschinenlesbare Formate, und in diese Richtung muss sich auch die Technologie weiterentwickeln, da ist noch zu wenig Transparenz, und das hängt auch teilweise mit der technischen Entwicklung zusammen.“
Das Dokument ist der Abschlussbericht der HFD Community Working Group „Kompetenz-Badges“. In einer kurzen Einleitung wird die Bedeutung des Themas unterstrichen: die aktuellen Kompetenzprofile von Personen sichtbar zu machen. Ziel der Studie ist es, „die Akzeptanz und Gelingensbedingungen für den Einsatz von Open Badges (zu) erörtern“ (S. 12)
Dafür hat die Arbeitsgruppe eine Reihe von Gesprächsrunden mit VertreterInnen aus Wirtschaft, Hochschule sowie der Open Badge-Community moderiert und ausgewertet (Kap 3). Auf Grundlage dieser Gespräche wurden im Anschluss drei Einsatzszenarien für Open Badges entworfen (Kap. 4). Ein Minimal-Szenario, in dem Badges nur im Hochschulbereich zirkulieren, ein Medium-Szenario, in dem Badges in den Arbeitsmarkt übertragen werden sowie ein Maximal-Szenario, in dem Badges von allen gesellschaftlichen Gruppen als Kompetenznachweise genutzt werden. Ein Ausblick (Kap. 5) sowie vier Good-Practice-Beispiele (Kap. 6) runden den Abschlussbericht ab.
Definition: „Ein Open Badge ist ein digitales Zertifikat, in dem Informationen, sogenannte Metadaten, zu erworbenen Lernergebnissen hinterlegt und kodiert abgespeichert werden können. … Wichtiges Kriterium für die Interoperabilität, Validierung und Verifizierung dieser Belege in digitaler Form ist ein gemeinsamer Standard für die Datenstruktur, der mit dem Open-Badge-Standard gegeben wird.“ (S. 11f.)
Anmerkung: Der Abschlussbericht weist immer wieder auf die inhaltliche Seite einer übergreifenden Badge-Struktur hin („wie werden erworbene Kompetenzen beschrieben“) und stellt Verbindungen zu bestehenden Konzepten und Standards wie EUROPASS, ESCO und ECTS her.
Die Studie spannt einen weiten Bogen, versucht, die Notwendigkeit des Lebenslangen Lernens herzuleiten, formuliert Konsequenzen für Hochschulen, geht ausführlich auf MOOCs ein und kommt erst spät auf „alternative credentials“ zu sprechen. Im Zusammenhang mit Badges ist die kurze Vorstellung von „IBM – Credly Digital Badges“ interessant (S. 35).
Der Artikel ist eine (mit DeepL erstellte) Übersetzung eines Thesenpapiers von SURF, einer gemeinschaftlichen Organisation für den Einsatz von IKT in niederländischer Bildung und Forschung. Im Vorspann heißt es: „In den Niederlanden entwickelt SURF eine Infrastruktur, mit der niederländische Bildungseinrichtungen edubadges ausstellen können.“ Die „7 Argumente“ unterstreichen Bedeutung dieses Projektes und einer nationalen Herangehensweise.
Hinweis: Von „edubadges“ ist die Rede, weil sich die Infrastruktur zuerst an niederländische Bildungsinstitutionen richtet (siehe „Minimal-Szenario“ im HFD-Arbeitspapier 48). Verknüpfungen mit bestehenden Systemen und Standards (Open Badges, ECTS, Europass) werden erwähnt.
EDUCAUSE Learning Initiative (ELI) (2019): 7 Things You Should Know About Digital Badges, 3. Juli
Definition: „Digital badges are validated indicators of skills or competencies, often representing the completion of a microcredential. Badges typically represent competencies not shown on a transcript, including learning from internships, volunteer work, and other co-curricular activities. Increasingly, badges conform to the Open Badges standard, and many are stackable, meaning that they can be credited toward an advanced badge, a certificate, or a degree.“
Anmerkung: Kaum ein Begriff ist in der ELI-Serie „7 Things …“ so oft vertreten wie „Badges“.
Rau, T. (2018): Badges in Moodle (und damit auch Mebis), in: Lehrerzimmer, 24. Oktober
Buchem, I. (2017): Scaling up Open Badges for Open Education, Mediendidaktik 2.0, 14. März
Der Foliensatz gehört zu einem Vortrag von Ilona Buchem (Beuth Hochschule Berlin), der auf der Open Education Global Conference 2017 in Kapstadt gehalten wurde. Er gibt einen Überblick zum Thema: von der Definition von Open Badges über ihre Funktionsweise (Metadaten, Infrastruktur, Typen, Taxonomie) bis zu konkreten Einsatzszenarien und Beispielen.
Definition: „open web standard which can be used to capture and communicate skills“
Anmerkung: Die Präsentation stellt Open Badges in einen breiteren Kontext von Open Education.
Die Präsentationsfolien sind in drei Abschnitte gegliedert: 1. Mozilla Open Badges, 2. Praxisbeispiele, 3. Diskussion. Der erste Abschnitt verbindet Open Badges mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Initiativen („Open“). Ein Praxisbeispiel stellen unter anderem die BeuthBonus Badges dar.
Diaz, V. (2016): Digital Badges and Academic Transformation, EDUCAUSE Review, 1. September
Die Beispiele stammen zwar aus den USA, aber sie zeigen an, wohin die Richtung geht: 20 Prozent aller Colleges experimentieren dort bereits mit Badges, heißt es. Universitäten bieten sie an, und auch erste Unternehmen (im Artikel wird vor allem auf Dell verwiesen) haben Badges in ihre internen Bildungsangebote integriert. Vor allem die Verbindung zu Business Netzwerken wie LinkedIn macht die Entwicklung spannend, wo Badges Auskunft über die Fähigkeiten von Nutzern geben, die sie außerhalb traditioneller Kurse und Studiengänge erworben haben. Doch die Entwicklung steht erst am Anfang: Noch fehlen die breite Akzeptanz und das Wissen von Arbeitgebern um diese Möglichkeiten. Und es fehlt Research.
Buchem, I. (2015): Digital Badges / Open Badges Taxonomy, Mediendidaktik 2.0, 28. Februar
Ilona Buchem kündigt den Beitrag wie folgt an: „first draft of the taxonomy of digital and open badges“. Dabei schlägt sie drei Kategorien vor und listet entsprechende Beispiele auf: 1) content-related: what the badge represents, (2) issuer-related: who issues the badge, and (3) process-related: how the badge was achieved.
„Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt BeuthBadges an der Beuth Hochschule für Technik Berlin wurde im Jahr 2013 initiiert, um das Potenzial von Open Badges in verschiedenen mediengestützten Lehr-Lern-Kontexten zu erkunden“, heißt es einleitend. Der Artikel stellt den mediendidaktischen Ansatz und die technische Umsetzung von BeuthBadges vor (Moodle, Mahara, WordPress). Anschließend werden drei Einsatzszenarien von BeuthBadges beschrieben: Kompetenzbadges, Fortschrittsbadges und Zeugnisbadges. Der Artikel schließt mit einem Ausblick.
Definition: „Open Badges (OBs) ist ein von Mozilla initiiertes Gemeinschaftsprojekt, in dem neue Wege der Bewertung, Anerkennung und Kommunikation von Kompetenzen und Leistungen mit Badges erprobt werden.“ (S. 170f.)
Hinweis: Die Autorinnen verbinden BeuthBadges auch explizit mit Gamification-Konzepten: „Als Badges sind BeuthBadges dem Bereich “Gamification” bzw. „Gamifizierung“ zuzuordnen, d. h. dem Einsatz von spieltypischen Elementen (u.a. Badges, Punktesysteme, Ranglisten, virtuelle Güter) und Mechanismen in spielfremden Kontexten.“
Bildquelle: Joao Tzanno (Unsplash)
One Response to “Open Badges – eine (erste) Artikelsammlung”
[…] habe ich im Vorfeld etwas Literatur zum Thema kuratiert („Open Badges – eine (erste) Artikelsammlung“). Im Workshop selbst habe ich zuerst einen Überblick zum Thema „Open Badges“ gegeben. […]