Das Verschwinden des Wissens
Dieser Gastkommentar des Wiener Philosophie-Professors Konrad Paul Liessmann in der NZZ hat bereits viel Beifall gefunden. Er klagt dort in markigen Worten die „Kompetenzorientierung“ an, die „Umstellung von Bildung auf Kompetenzen“, die seit einigen Jahren die Lehrpläne an Schulen und Hochschulen durchzieht. Einige seiner Kritikpunkte:
- „Historisch gesehen wurzelt das Kompetenzkonzept nicht in der Pädagogik oder Bildungstheorie, sondern in der Ökonomie.“
- „Alles dient dem Lösen von Problemen und muss deshalb als eine Form von Handlung beschrieben werden können …“
- „… wenn noch jede Selbstverständlichkeit als Kompetenz gewertet wird …“
- „Damit aber ist der Punkt erreicht, an dem die Kompetenzorientierung tatsächlich in eine Negation jedes verbindlichen Wissens umschlägt.“
- „Zukünftige Bildungsforscher werden in der Umstellung auf die Kompetenzorientierung vielleicht den didaktischen Sündenfall unserer Epoche sehen, die Praxis der Unbildung schlechthin, …“
Ich vermute, dass dieser Kommentar bei vielen Lehrenden offene Türen einrennt. Er wirkt auch „rund“, da er sich ganz auf das Stichwort „Kompetenzorientierung“ und einige Exzesse und Stilblüten dieses Perspektivwandels konzentriert. Der Gegenentwurf ist bekannt und muss nicht ausformuliert werden: Hochschulen, so Konrad Paul Liessmann, sollen Bildung und Wissen vermitteln sowie in die Arbeitsweise der Wissenschaften einführen. Für einen offenen Diskurs über ihre Rolle im 21. Jahrhundert ist das wiederum eine sehr schmale Vorlage.
Konrad Paul Liessmann, Neue Zürcher Zeitung, 15. September 2014
One Response to “Das Verschwinden des Wissens”
Der Artikel von Paul Liessmann ist das Beste, was ich jeh gelesen habe zu dem Thema
PD Dr. habil Hartmut Stoesslein, StD
Den Nachtrag, den die beiden Herrn im Bayerischen Philologenverband gemacht haben, gehen ins Leere und sind überdies arrogant und unverschämt. Jemand, der eine andere Meinung hat, als eine Speizies von gestern zu bezeichnen ist doch das Allerletzte, was es im „Bildungsbereich“ gibt. Darüberhinaus: Umverschämt und primitiv!
mvG Hartmut Stößlein