Jedem seine eigene Vorlesung
Jörg Dräger ergänzt die aktuelle MOOC-Debatte um eine interessante Perspektive: Während alle Welt vor allem auf die großen Zahlen schaut und Online-Kurse mit Zehntausenden von Teilnehmern sieht, sind für Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, MOOCs nur die Vorboten. Denn nicht um die Digitalisierung, sondern um die Personalisierung von Bildung geht es! Grundlage dieser Entwicklung sind Big Data und Learning Analytics, herauskommen „intelligente Software“ und adaptive Lernsysteme, die sich nach dem Tempo und Fähigkeiten des Einzelnen richten und ihn zu den individuell relevanten Lerninhalten führen. Erste Beispiele hat Jörg Dräger auf seinen Besuchen in den USA gesehen und stellt sie kurz vor. Und genau hier steckt ein Pferdefuß: Die „Personalisierung“ antwortet in erster Linie auf die Beschränkungen und Grenzen des bestehenden Hochschulsystems. Sie perfektioniert das Bestehende, liefert aber keine neuen Antworten. Der Lernende bleibt in seiner Rolle gefangen. „Personalisierung“ macht deshalb nur Sinn, wenn sie von einer „Vernetzung“ begleitet wird, deren Vorboten das sind, was in der Debatte als cMOOCs bezeichnet wird. Diese Seite wird im Artikel (der übrigens auch in der ZEIT erscheinen soll) nur am Rande erwähnt.
„Die Bildungsmaßschneider von heute sitzen in Oxford und Harvard. Deren kleine Lerngruppen und individuelle Betreuung sind aber nur wenigen zugänglich, man braucht überragendes Talent oder reiche Eltern. Das kann die Digitalisierung ändern, persönlich zugeschnittene Bildung gibt es künftig auch übers Internet. MOOCs sind nur der Anfang und noch längst nicht der digitale Tsunami, den manche in ihnen sehen. Die wirklich großen Potenziale der Digitalisierung bleiben ungenutzt, solange alle das Gleiche auf die gleiche Weise lernen sollen, obwohl doch jeder ganz unterschiedliche Voraussetzungen und Ziele hat. Nicht mehr massive müssen die Onlinekurse sein, sondern personalized – POOCs statt MOOCs.“
Gelegenheit, diese Perspektive zu diskutieren, gibt es sicher am 27. November in Berlin auf der Tagung „MOOCs and beyond – Chancen, Risiken und Folgen digitaler Bildungsangebote für die deutsche Hochschullandschaft“. Oder man vertieft sich in die „Zehn Thesen zur Digitalisierung der Hochschullehre“ (CHE Centrum für Hochschulentwicklung). Oder man greift gleich zur kompletten Studie („Die digitale (R)evolution? Chancen und Risiken der Digitalisierung akademischer Lehre“).
Jörg Dräger, Bertelsmann Stiftung/ Press Releases, 21. November 2013
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