Jochen Robes über Bildung, Lernen und Trends

KnowTech 2011

Fast zwei Tage habe ich dann doch auf der KnowTech in Bad Homburg verbracht, dem „13. Kongress zum Wissensmanagement in Unternehmen und Organisationen“, wie es so schön heißt. Was habe ich – neben dem strahlenden Wetter, netten Begegnungen und Gesprächen – mitgenommen? Da wäre erstens der Eindruck, dass Social Media auf dem Kongress endgültig angekommen ist. Ob es „Enterprise 2.0″ oder „Social Business“ in den Überschriften hieß, ob es um die Einführung von sozialen Netzwerken, Corporate Facebooks, Experten- oder Learning-Communities ging, es gab kein anderes Thema auf der KnowTech 2011 mehr. Dabei fiel auf, dass niemand mehr über einzelne Tools wie Wikis, Blogs oder Microblogs spricht, sondern nur noch über integrierte Plattformen, die sich neben den Intranets der Unternehmen breit machen. Interessant war aber auch, dass die Frage „Wie motiviere ich Mitarbeiter, diese Plattformen zu nutzen?“ noch kein Thema war! Diese Erfahrungen stehen noch aus und wenn ich auf ein Schwerpunktthema der nächsten Jahre wetten sollte …

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Wohlgemerkt, die KnowTech ist und wird keine Social Media-Konferenz! Hier diskutieren Manager und Abteilungsleiter über Strategien, Technologien, Prozesse und Erfolgsfaktoren. Die Entwicklungen „draußen“, von Google Plus bis Facebooks Timeline, von den Piraten bis zum Klarnamenzwang, spielen in Bad Homburg keine Rolle.

Zweitens habe ich interessante Keynotes mitgenommen. Norbert Gronau (Universität Potsdam) und Nicole Simon (Autorin und Social Media-Spezialistin) haben sich nicht in Details verloren, sondern Reibungspunkte für weitere Diskussionen geboten – und das ist es doch, was Keynotes leisten sollten. Hier eine Kostprobe von Nicole Simon: „Wenn die Nutzung von Facebook oder Xing oder eBay usw. ein Problem ist, dann ist das ein Zeichen von Führungsschwäche.“ Und Norbert Gronau riskierte zum gleichen Thema die These: „Nicht verbieten, sondern erlauben!“ Bei Peter O’Neill (Forrester Research) ist leider nur eine Typologie (Social Technographics-Leiter) hängen geblieben.

Die Stichworte von Norbert Gronau und Nicole Simon zeigen auch sehr schön, dass sich Unternehmen mit dem Thema Social Media noch viel schwerer tun, als es die große Zahl von Projektpräsentationen vermuten lässt. Es ist heute noch gelebte Praxis, dass die eine Abteilung mit Begeisterung ihre Social Networking-Plattform einführt, während die andere weiter den Zugriff auf das Internet reguliert. Und wie man in Zukunft mit den Smartphones, Tablets und eBook-Readern umgehen will, die Mitarbeiter selbst ins Unternehmen bringen, darauf haben noch die Wenigsten eine klare Antwort.

Natürlich gehörten zur KnowTech auch wieder neun Foren mit unzähligen Vorträgen und Präsentationen. Vieles davon ist auch im Kongressband mit über 600 Seiten (!) abgebildet. Explizite Lernthemen habe ich übrigens kaum gefunden (die Ausnahmen waren UBS, PwC sowie hier und da die Stichworte Mobile Learning und Skill Management). Ansonsten ist die KnowTech natürlich das Klassentreffen der Wissensmanagement- und Enterprise 2.0-Community: ich habe GfWM-Kollegen getroffen (das Enterprise 2.0-Positionspapier liegt noch auf meinem Schreibtisch …), die Community-of-Knowledge hat getwittert und Andrea Back aus St. Gallen (s. Enterprise 2.0-Fallstudien) war auch da.

Wenn ich mir noch etwas wünschen darf: Das Thema „Persönliches Wissensmanagement“ habe ich dieses Jahr vermisst. Ich denke, es braucht auch eine Diskussion der individuellen Strategien der Wissensarbeiter im Umgang mit Enterprise 2.0. Und es fehlt auf der KnowTech nach wie vor Raum für Diskussionen bzw. offene Formate, die zum spontanen Austausch einladen.

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