Die Gefährder des World Wide Web
Tim Berners-Lee hat zum 20. Geburtstag des World Wide Web einen wichtigen Essay („Long Live the Web: A Call for Continued Open Standards and Neutrality“) geschrieben, in dem es ihm um nichts weniger als die Zukunft des Web geht. „The Web is critical not merely to the digital revolution but to our continued prosperity – and even our liberty. Like democracy itself, it needs defending“, heißt es im Untertitel. Berners-Lee erinnert an die Grundideen und -prinzipien des Web wie „universality“, „open standards“ und „neutrality“. Und er kritisiert all diejenigen, die diese Grundprinzipien beschneiden, Regierungen und Unternehmen wie Apple und Facebook. Der vorliegende TAZ-Artikel fasst Essay und einige Reaktionen zusammen.
Ben Schwan, TAZ, 26. November 2010
3 Responses to “Die Gefährder des World Wide Web”
Eigentlich sagt TBL viel mehr aus.
Meist wird eines Rezension des Beitrags (so auch in der TAZ) immer mit den Worten begonnen, dass TBL Facebook & Co kritisiert. Das stimmt so mal nicht ganz, zumal das keine Kernaussage ist.
Der eigentliche Kern des Beitrags beschäftigt sich mit den Prinzipien des Web, sinngemäß übersetzt:
Universalität als primäres Designprinzip: Es erlaubt ein Funktionieren des Web und ein Publizieren am Web für alle Menschen, unabhängig von Hardware, Software, Netzwerkverbindung und Sprache. Alle Menschen müssen in der Lage sein, jeglichen Inhalt auf das Web zu stellen und zu jeder Ressource am Web zu verlinken.
Offenheit der technischen Standards als Treiber für Innovation: Alle relevanten technischen Standards wie Hypertext Markup Language (HTML) zum Erstellen von Web-Seiten, Uniform Ressource Identifier (URI) zum Auffindbarmachen von Web-Seiten und Hypertext Transfer Protocol (HTTP) zur Bereitstellung von Web-Seiten sind offen, lizenzkostenfrei und erlauben grundsätzlich jedem Menschen, Anwendungen am Web zu erstellen, ohne die Erlaubnis von Dritten einzuholen und ohne eine Gebühr zu entrichten.
Trennung des Web von Internet: Das Web ist eine einzelne Anwendung, welche auf dem Internet läuft. Dagegen stellt das Internet ein elektronisches Netzwerk dar, welches Informationspakete zwischen Millionen von Computern versendet und dabei auf wenige offene Protokolle zurückgreift. Die Trennung von Web und Internet ist wesentlich für Innovationen: So wurde 1990 das Web über das Internet ausgerollt, ohne eine Anpassung des Internet zu erfordern.
Elektronische Menschenrechte und Netzneutralität. Die Netzneutralität ist fundamental. Sie bedeutet, dass jegliche Zugangsanbieter (Internet Service Provider – ISP) Datenpakete von und an ihre Kunden unverändert und gleichberechtigt übertragen sollen, unabhängig davon, woher sie stammen oder welche Anwendungen diese Pakete generiert haben. Ein neutrales Kommunikationsmedium ist die Basis für eine faire Marktwirtschaft, für Demokratie und Wissenschaft (und für elektronische Menschenrechte).
Kein Ausspionieren: Auch Bedrohungen des Internet durch Unternehmen und/oder Regierungen, welche Internet-Traffic ausspionieren, gefährden die Grundrechte der Menschen im Web. Dabei könnten ISP beispielsweise verfolgen, welche Kunden welche URI ansurfen und daraufhin zielgerichtete Werbung anbieten. Eine davor zu passierende Bewertung von Informationen in einem Internetpaket ist jedoch äquivalent zum Abhören eines Telefons oder zum Öffnen eines Briefes.
Viele Grüße
Alexander Stocker
Besten Dank, Herr Stocker! Eigentlich wollte ich Leser ja für das Original von Berners-Lee erwärmen. Und jetzt kommt noch Ihre Übersetzungshilfe hinzu – danke!
Gruß, JR
Gerne geschehen. Mich hat der Beitrag so inspiriert, dass ich für mich die wichtigsten Erkenntnisse herausgezogen habe.