The Social Life of Information
Das Buch ist zwar erst ein paar Jahre alt, genauer gesagt: es wurde im März 2000 zum ersten Mal veröffentlicht, aber schon ein Klassiker. Also habe ich den Urlaub genutzt, um diese Lücke zu schließen. Was darf man bei diesem Titel erwarten? Vielleicht einen Klassiker des Wissensmanagements? Nun, das ist das Buch zweifellos auch, aber im Kern ist es ein Plädoyer gegen Technikgläubigkeit, gegen technokratische Managementmodelle und für den sozialen Kontext, der Dinge erst zum Laufen bringt. „Technology-centered tunnel vision“ auf der einen, „social and moral blindness“ auf der anderen Seite.
Den Tunnelblick spüren die Autoren in verschiedenen Ideen und Konzepten auf: virtuelle Agenten (robots), das Homeoffice, das papierlose Büro, die elektronische Zeitung, die virtuelle Firma, die virtuelle Universität, die digitale Bibliothek. Alles schön und gut, technisch machbar, möglicherweise effizient, aber man übersieht hier, dass in all den Beispielen nicht nur Informationen übertragen werden und ein menschlicher Träger durch einen technischen ersetzt wird. Informationen besitzen ein „social life“, von dem sie nicht getrennt werden können. „Practice“ und „context“ sind hier die Stichworte. Informationen und Informationstechnologien können nie die Beziehungen zwischen Menschen ersetzen.
So zum Beispiel Lernen: Lernen ist mehr als Informationsübertragung, „learning involve more than information“ (S. 125) „learning a practice … involves becoming a member of a ‚community of practice'“ (126); und: „in all, whether the task is deemed high or low, practice is an effective teacher and the community of practice an ideal learning environment.“ (127) So argumentieren die Autoren in Anlehnung an Lave und Wenger.
Das Buch atmet viel Zeitgeist. Es ist geschrieben zum Höhepunkt des dot-com Booms, als man dem e-business ja wirklich fast alles zutraute. Einige Beispiele sind heute in den Hintergrund gerückt, wie z.B. robots, über die ich nur noch im Zusammenhang mit Spam lese. Und bei anderen Beispielen wie z.B. Bibliotheken ist es noch keineswegs klar, wie sie sich mit den neuen technischen Möglichkeiten arrangieren. Und das Buch ist geschrieben, bevor alle Welt begann, fasziniert auf Web 2.0 und Social Software zu schauen. Leider.
John Seely Brown und Paul Duguid, Harvard Business Press 2000, 330 Seiten
One Response to “The Social Life of Information”
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