Jochen Robes über Bildung, Lernen und Trends

Erzählen und Zuhören in Organisationen

Ein interessanter Beitrag, der sich ganz dem Thema „Story Telling“ widmet, findet sich in der aktuellen Personalführung. Im Vorspann heißt es: „Koordinationsleistungen in Organisationen lassen sich heute nicht mehr allein mit einer traditionellen Steuerungslogik erbringen, weil die Rahmenbedingungen des Handelns nur noch begrenzt planbar sind. Deshalb, so argumentieren die Autoren, sei in Organisationen auch die Kommunikation von Erfahrungswissen erforderlich, und dieser Austausch verlange die Kompetenzen des Erzählens und Zuhörens. Wenn es gelinge, auch intuitives, nichtsprachliches oder bildhaftes Erfahrungswissen mitzuteilen, könne das auch die Koordinationskosten in Organisationen reduzieren.“

Im Folgenden wird systematisch beschrieben, was genau unter Erfahrungswissen zu verstehen ist; welche Rolle dem Erzählen zukommt, wenn es um die Weitergabe von Erfahrungswissen geht; welche Formen des Erzählens man unterscheiden kann (handlungsintegriertes, handlungsbezogenes und handlungsaufforderndes Erzählen); warum das Erzählen nicht vom Zuhören zu trennen ist und dass Erzählen und Zuhören die Koordinationskosten in modernen Organisationen reduzieren helfen, wenn man sie nicht mit kurzfristigen Effizienzforderungen im Keim erstickt.

Ich befürchte allerdings, dass Praktiker – und solche darf man unter den Lesern der Personalführung vermuten – ihre Schwierigkeiten mit der vorliegenden Präsentation dieses Ansatzes haben werden. Zum einen wird nicht so recht klar, wo das Miteinander-Reden aufhört und Story Telling anfängt. Woher weiß also der Personalmanager, wann er es mit Ansätzen der geforderten neuen Erzählkultur in seiner Organisation zu tun hat?
Zum anderen verzichtet der Artikel weitgehend auf praktische Beispiele sowie auf Hinweise darauf, mit welchen Instrumenten das „Erzählen und Zuhören“ gefördert werden kann, wenn es nicht wieder vorschnell in die Kaffeeecke verbannt werden soll.
Gabi Reinmann, Personalführung, 1/2006

3 Responses to “Erzählen und Zuhören in Organisationen”

  1. Stephan

    Warum nicht in der Kaffeeecke?
    Wann begreifen denn endlich einmal die PE’ler, dass story telling keine neue Methode ist und „Kommunikation von Erfahrungswissen“ nicht erforderlich ist, sondern schlicht stattfindet und Kultur und Einstellungen prägt: täglich, auf dem Flur, in Besprechungen und, und, und…
    Man kann es nur ignorieren, geschehen lassen, zu unterbinden suchen oder ??? in Betracht ziehen?!

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  2. Jochen Robes

    Ich glaube, das muss kein Widerspruch sein: die Tatsache, dass etwas „schlicht stattfindet“ und man trotzdem versucht, es zu unterstützen, zu optimieren usw.

    Davon zu trennen ist vielleicht die Frage, ob wir es beim Story Telling mit einem Instrument zu tun haben, dass man auch gezielt steuern und einsetzen kann. Dann würde es natürlich nicht mehr „schlicht“ (und informell) stattfinden, und vielleicht reden wir dann auch von etwas ganz anderem als „Story Telling“ …
    Gruss, JR

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  3. stephan

    Es muss nat. kein Widerspruch sein.
    Es ist ein gutes Analyseinstrument, auf die Geschichten in Organisationen zu hören. Hier erfährt man, wie die Orga tickt. Die Geschichte von der Notwendigkeit der Kosteneinsparungen gehört übrigens dazu, wie alle betriebswirtschaftlichen Geschichten.
    Erfahrene Führungskräfte setzen übrigens immer stories ein: Im Gegensatz zu den in TA und TZI propagierten Ich-Botschaften haben stories den Vorteil, dass sie sich fast völlig vom Erzähler lösen („Ich wollte gar nichts damit sagen, sondern habe nur eine Geschichte erzählt“)und der Empfänger damit machen kann, was er will und je nach Rollenspiel vielleicht muss.
    Vergessen wird übrigens by the way, dass der größte Storyteller, der mir so einfällt 12 Jahre lang die Geschichte vom 1000jährigen Reich erzählt hat.

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